Internationaler Handelskauf. Anzuwendendes Recht

Eine der Fragen, die sich beim internationalen Handelskauf stellen, ist, welches Recht auf Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag anzuwenden ist. Häufig gibt es keine vertragliche Vereinbarung, welches Recht auf den Handelskauf anzuwenden ist, was unerwartete Probleme zur Folge haben kann, insbesondere bei Mängelrügen.

Spanien ist am 18. Mai 1992 dem Übereinkommen von Rom aus dem Jahr 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht beigetreten. Dieses Übereinkommen entfaltet allgemeingültige Wirkungen, da gemäß Artikel 2, auch das Recht eines Staates anzuwenden sein kann, der diesem Übereinkommen nicht beigetreten ist, wenn sich dies aus den Regelungen des Uebereinkommens ergibt.

Das Übereinkommen von Rom aus 1980 legt die freie Wahl des von den Parteien anzuwenden Rechts fest. Wenn kein Recht gewählt wurde, ist gemäß Artikel 4 das Recht jenes Staates anzuwenden, zu dem der Kaufvertrag die engere Verbindung aufweist. Die engere Verbindung besteht dabei mit dem Staat, in welchem die Vertragspartei, die die vertragstypische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder, wenn es sich um eine Gesellschaft, einen Verein oder eine juristische Person handelt, in dem sich die Hauptverwaltung befindet. Im Falle eines Kaufvertrages über Liegenschaften ohne vorherige Bestimmung des anzuwendenden Rechts ist der Staat mit der engeren Verbindung jener, in welchem das Grundstück belegen ist.

In den meisten Fällen wird als vertragstypisch die Sachleistung, wie im Falle eines Kaufvertrages, die Lieferung der Ware betrachtet. Das bedeutet, dass das Recht des Staates des Verkäufers anzuwenden wäre. Dies wird zwar von der Lehre angenommen, ist im Übereinkommen von Rom jedoch nicht explizit geregelt, weshalb diese Frage bis jetzt der Auslegung der Gerichte bedarf.

Kürzlich wurde die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 177/6 vom 4. Juli 2008 veröffentlicht. Diese ersetzt das Übereinkommen von Rom und ist auch bekannt als Verordnung Rom I (Im Gegensatz dazu, bezeichnet Rom II die Verordnung, die auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwenden ist). In der Verordnung Rom I werden acht verschiedene Arten von Verträgen geregelt und für jeden das anzuwendende Recht festgelegt. Im Falle eines Kaufvertrages wird explizit das Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, als anzuwendendes Recht festgelegt. Dieser Artikel regelt somit eindeutig, was zuvor Auslegungssache der Gerichte und der Lehre war.

Im Folgenden wird diese Rechtsfrage mit Hilfe eines kurzen Beispiels veranschaulicht: ein türkisches Unternehmen verkauft Kleidung an ein spanisches Unternehmen. Das türkische Unternehmen liefert die Ware, das spanische Unternehmen zahlt jedoch nicht. Das türkische Unternehmen verklagt das Spanische vor einem spanischen Gericht. Das spanische Gericht hat nun türkisches Recht anzuwenden, da ein türkisches Unternehmen Verkäufer ist. Wie zuvor gesagt, macht es keinen Unterschied, ob z.B. die Türkei dem Übereinkommen von Rom beigetreten ist oder nicht, da Spanien beigetreten ist und dieses somit in unserem Beispiel anzuwenden ist.

Die Regelung, welches Recht gemäß dem oben ausgeführten Fall eines internationalen Handelskaufs anzuwenden ist, hat für den Käufer sowie für den Verkäufer sowohl positive als auch negative Auswirkungen.

Einerseits bietet diese Regelung dem Verkäufer juristische Sicherheit, da sie die Partei schützt, die ein höheres Risiko trägt. Der Verkäufer trägt ein höheres Risiko, weil er die Ware in einen anderen Staat liefert und dafür die Zahlung des Preises erwartet. Zahlt der Käufer nicht, nachdem er die Lieferung erhalten hat, hat der Verkäufer einen Schaden. Verletzt jedoch der Verkäufer den Vertrag, indem er die Ware nicht liefert, kann der Kaeufer die Zahlung zuruekhalten und es ist anzunehmen, dass auf diese Weise keine der Vertragsparteien einen wirtschaftlichen Schaden erleidet.

Andererseits könnte der Käufer sich schutzlos fühlen, wenn er z.B. die Frist nicht kennt, die ihm gemäß dem Recht des Staates des Verkäufers zusteht, um die Ware zu untersuchen und eventuelle Mängel zu rügen.

Andere Nachteile ergeben sich im Falle einer Vertragsverletzung und der daraus folgenden Anrufung des Gerichts zur Geltendmachung der Forderung. Grundsätzlich sind die zuständigen Gerichte jene am Wohnsitz des Beklagten. Gemäβ Spanischem Recht und gemäβ der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000, haben diese, wie oben ausgeführt, das Recht des Staates des Verkäufers anzuwenden. Damit spanische Gerichte ausländisches Recht anwenden können, bedarf es einer von zwei Juristen aus jenem Staat beglaubigten Bescheinigung über das geltende Recht. Dies verzoegert das Verfahren und erhöht die Kosten für die um die Anwendung des ausländischen Rechts ersuchende Partei.

Um diese Unannehmlichkeiten zu vermeiden, ist es empfehlenswert bei einem internationalen Handelskauf das anzuwendende Recht vorher zu vereinbaren, da in diesem Fall die Gerichte das von den Parteien vereinbarte Recht anzuwenden haben. Dadurch ergeben sich wesentliche Erleichterungen bei der Geltendmachung von Forderungen.

Mariscal & Asociados, Abogados
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