Wettbewerbesschutzverordnung in Spanien

Die Wettbewerbsverordnung in Spanien wurde unter Berufung auf das Gesetz 15/2007 vom 3. Juli zum Schutz des Wettbewerbs erlassen, welches eine fundamentale Reform des spanischen Systems des Wettbewerbsschutzes veranlasste und welches die Nationale Wettbewerbskommision bildete. Die Verordnung war nach dem Inkrafttreten des Wettbewerbschutzgesetzes am 1. September 2007 nötig und nahm viele substantielle Fragen wie das Gerichtsverfahren in Angriff, wobei von all diesen die „Kronzeugenregelung“ hervorgehoben werden muss, die aus einem System von Befreiung und Minderungen von Strafen für Unternehmen, die in dem Kampf gegen Kartelle kollaborieren, besteht.

Einführung

Das Königliche Dekret 261/2008 vom 22. Februar, das am 28. Februar 2008 in Kraft trat, enthält die Regelungen zum Gerichtsverfahren und zur „Kronzeugenregelung.

Diese Kronzeugenregelung, oder System von Befreiung und Minderung von Strafen, ermöglicht es Unternehmen oder juristischen Personen, die an einem Kartell beteiligt sind, eine Fristverlängerung für die Bezahlung der Geldstrafe zu beantragen, wenn sie Beweismaterial bringen, das es der Nationalen Wettbewerbskommission (CNC) erlaubt, eine Inspektion bezüglich besagtem Kartell anzuordnen oder die Verletzung des Gesetz 15/2007 von 3. Juli über Wettbewerbschutz zu überprüfen oder sie ermöglicht sogar, eine Minderung des Betrags der Strafe zu beantragen, falls das Beweismaterial dem, über das die CNC schon verfügte, einen zusätzlich bedeutenden Wert hinzufügt.

Um die notwendige Vertraulichkeit im Umgang mit diesen Anträgen auf Nachsicht sicherzustellen, sieht die Verordnung die Vertraulichkeit der Einreichung eines Antrags auf Befreiung oder Minderung von Geldbußen vor. Dieser Antrag auf Befreiung hat die notwendige Zusammenarbeit des Antragstellers mit der CNC ab dem Zeitpunkt der Abgabe des Antrages und während des gesamten Verfahrens, zur Folge. Es müssen alle Informationen und sachdienlichen Beweise für das mutmaßliche Kartell, die in seinem Besitz oder zu dessen Verfügung stehen, beschafft werden und diese dürfen nicht zerstört, verfälscht oder verborgen werden. Darüber hinaus muss der Antragsteller seine Beteiligung an dem mutmaßlichen Kartell unmittelbar nach dem Antrag beenden, außer in den Fällen, in denen eine weitere Beteiligung für notwendig erachtet wird, um gegebenenfalls eine Inspektion wirksam durchführen zu können.

Die Kartelle stellen sehr schädliche Praktiken für den Wettbewerb dar und gehören zu den Verletzungen, welche in dem LDC als sehr schwer qualifiziert werden. Sie werden mit Strafen von bis zu 10% des Gesamtumsatzes des zuwiderhandelnden Unternehmens des Jahres unmittelbar vor Auferlegung der Geldstrafe sanktioniert.

Wettbewerbsschutz

Die Verordnung ist in zwei Titel gegliedert. Der erste, über den Wettbewerbsschutz, führt wesentliche, in dem Gesetz geregelte Fragen des Wettbewerbsschutzes in den Artikeln 1 bis 10 des Königlichen Dekrets 261/2008 aus, vor allem Aspekte bezüglich der Verhaltensweisen von geringer Bedeutung, der Unternehmenszusammenschlüsse, der öffentlichen Hilfen und der Wettbewerbsförderung.

Unter geringer Bedeutung versteht man, im Wesentlichen folgendes:

a. Die Verhaltensweisen zwischen realen oder potenziellen Konkurrenzunternehmen, wenn ihr gemeinsamer Marktanteil in keinen der betroffenen Märkte 10% übersteigt.

b. Die Verhaltensweisen zwischen nicht konkurrierenden Unternehmen, seien sie real oder potenziell, wenn der Marktanteil jedes einzelnen in keinen der betroffenen Märkte 15% übersteigt.

c. In den Fällen, in denen es nicht möglich ist, zu bestimmen, ob es sich um ein Verhalten zwischen Konkurrenten oder Nichtkonkurrenten handelt, wird der Prozentsatz von 10% in den betroffenen Märkten jedes einzelnen angewandt.

Unternehmenszusammenschlüsse

Das zweite Kapitel (Artikel 4 bis 6) bezüglich Unternehmenszusammenschlüssen führt Schwellenwerte in Bezug auf die Berechnung des Marktanteils und des Umsatzes sowie der Bewertung der von dem Zusammenschluss abgeleiteten wirtschaftlichen Effizienz aus.

Die Behandlung von Unternehmenszusammenschlüssen in Spanien hat sich gewisser Maßen durch das neue LDC geändert. Die am meisten hervorstechende Veränderung ist der Kontrollverlust der Regierung bei Zusammenschlüssen, da jetzt die CNC offensichtlich die Behörde ist, die den größten Teil der Entscheidungen trifft. Der Ministerrat wird sich nur am Rande beteiligen, immer zwar in Sachen des öffentlichen Interesses, in Sachen Wettbewerbsschutz hat die CNC aber das letzte Wort.

Folglich liegt die Entscheidungsmacht über jeglichen Zusammenschluss (auch die über die Genehmigung in der ersten Fase) bei der CNC. Wenn die CNC ein Zusammenschluss verboten hat oder bedingt genehmigt hat, wird die Regierung nur aus Gründen des öffentlichen Interesses eingreifen können um diesen, mit oder ohne Bedingungen, zu genehmigen. Außerdem konkretisiert das LDC, wenn auch nicht erschöpfend, die Kriterien der Bewertung sowohl der CNC (eingeschlossen der Behandlung der von der Transaktion abgeleiteten unternehmerischen Wirksamkeit) als auch der Regierung.

Im Hinblick auf die Schwellenwerte, steigt der Marktanteil auf 30% und es wird ein Mechanismus zur Aktualisierung der Verkaufsmenge eingeführt. Die Verordnung besagt, dass sich in Spanien der Gesamtumsatz aus dem Verkauf von Produkten oder aus den Dienstleistungen zusammensetzt, die der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen in dem letzten Geschäftsjahr nach Abzug der Rabatte und der sonstigen Ermäßigungen auf den Verkauf, der Mehrwertssteuer und der anderen direkt mit dem Umsatz verbundenen Steuern, entsprechen.

Ungeachtet des Vorstehenden wird sich jeglicher Erwerb oder jegliche Übertragung der Kontrolle des gesamten oder eines Teils des Unternehmens nach Abschluss der geprüften Rechnungen der beteiligten Unternehmen in dem Umsatz zum Zwecke der Bekanntgabe der Transaktion des Zusammenschlusses widerspiegeln. Der in Spanien realisierte Umsatz beinhaltet die verkauften Produkte und die Dienstleistungen für Unternehmen oder Verbraucher in Spanien.

Darüber hinaus vereinfacht sich das Verfahren für die Fusionen, die zur Schädigung des Wettbewerbs weniger geeignet sind, dadurch, dass die Möglichkeit besteht, ein verkürztes Formular der Bekanntgabe zu präsentieren. Die Gebühr für die Analyse der Zusammenschlüsse reduziert sich ebenfalls.

Das LDC richtet die Behandlung des öffentlichen Angebots für den Erwerb von Aktien auf die Regelungen der Fusionskontrolle der Europäischen Gemeinschaft aus, so dass die Verpflichtung zur Aussetzung der Fusion bis zum Erhalten der Genehmigung der Wettbewerbsbehörden sich nur auf die Ausübung der Stimmrechte der Aktien und nicht auf die Möglichkeit, das Angebot auf den Markt zu bringen, auswirkt.

Das dritte Kapitel des zweiten Titels führt das Verfahren der Kontrolle der Unternehmenszusammenschlüsse aus, indem es in den Anhängen der Verordnung die gewöhnlichen und verkürzten Formulare der Bekanntgabe der Transaktionen der Zusammenschlüsse beifügt.

Öffentliche Beihilfen

Das dritte Kapitel (Artikel 7 und 8) über staatliche Beihilfen führt im Speziellen die Mechanismen für die Information und Kommunikation der öffentlichen Beihilfen, wobei die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften berücksichtigt werden. Diese Verordnung sieht die Einrichtung eines informellen Zentrums für Datenfernübertragung der nationalen öffentlichen Hilfen vor, die in den amtlichen Zeitungen veröffentlicht wurden.

Förderung des Wettbewerbs

Das vierte Kapitel (Artikel 9 und 10) konzentriert sich auf die Funktion der Nationalen Wettbewerbsbehörde zur Förderung des Wettbewerbs. Diese Förderung wird durch das Erarbeiten von Berichten, Studien, Forschungen und Vorschlägen in erforderlicher Zusammenarbeit mit den verschiedenen wirtschaftlichen Sektoren und den öffentlichen und privaten Einrichtungen, ausgeführt. Für die Ausübung der Funktion der Förderung des Wettbewerbs bestimmt die Verordnung die Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Nationalen Wettbewerbskommission.

Die Verfahren im Bereich des Wettbewerbsschutzes

In dem zweiten Titel des Königlichen Dekrets 261/2008 geht es um die Verfahren im Bereich des Wettbewerbsschutzes. Es werden die verschiedenen in dem Gesetz bestimmten Verfahren ausgeführt, wobei das erste Kapitel die für alle gemeinsamen Verfügungen enthält. Zusammen mit der Berechnung von Fristen und den Anforderungen für Meldungen werden der Inhalt der Überprüfungsbefugnisse, sowie die Zusammenarbeit mit den zuständigen Organen, die mit den autonomen Gemeinschaften, und der Europäischen Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden der anderen Mitgliedstaaten, in Bezug auf die Untersuchungsbefugnisse detailliert ausgeführt.

Verbotene Verhaltensweisen/Sanktionssystem

Das zweite Kapitel führt die Fragen zu Strafverfahren im Bereich der verbotenen Verhaltensweisen aus, wobei die Instrumente, die in dem Gesetz 15/2007 vom 3. Juli enthalten sind, für dieses Verfahren, basierend auf dem notwendigen Gleichgewicht zwischen den Prinzipien der Rechtssicherheit und der Effizienz der Verwaltung, ausgeführt werden.

In Übereinstimmung mit den Richtlinien der Europäischen Kommission von 1998 erôrtert das LDC die Verstöße und Kriterien, die die CNC berücksichtigen muss um eine bestimmte Sanktion zu verhängen. fest, dass die Höchststrafen für geringe, schwere oder sehr schwere Rechtsverletzungen jeweils bis zu 1%, 5% oder 10% des Gesamtumsatzes des zuwiderhandelnden Unternehmens in dem Jahr unmittelbar vor der Strafe beträgt.

Das Sanktionsverfahren wird immer von Amtswegen durch die Ermittlungsdirektion eingeleitet:

1. Eigene Initiative, nach direkter oder indirekter Kenntniserlangung der rechtsverstoßenden Verhaltensweisen,

2. Initiative des Rats der Nationalen Wettbewerbskommission,

3. Durch an die Ermittlungsdirektion der Nationalen Wettbewerbskommission gerichtete Beschwerden, welche mindestens die folgende Angaben enthalten muss:

– Name oder Firma, Anschrift, Telefon- und Fax-Nummer von dem/ den Beschwerdeführer/n und wenn sie durch einen Bevollmächtigten handeln, die Vollmachtsurkunde und die Korrespondenzadresse.

– Name oder Firma, Anschrift und, gegebenenfalls Telefon-und Fax-Nummer oder jedes andere sachdienliche elektronische Mittel

– Fakten, aus denen das Vorliegen einer Zuwiderhandlung hervorgeht und gegebenenfalls Beweise, sowie Darstellung des relevanten Marktes.

– Gegebenenfalls Begründung der berechtigten Interessen, damit diese in dem eventuellen Strafverfahren berücksichtigt werden.

Kronzeugenregelung für Kartelle

Das neue LDC führt zum ersten Mal in Spanien eine Kronzeugenregelung ein, von der die an einem Kartell beteiligten Unternehmen profitieren können. In dem spanischen Modell, inspiriert von der diesbezüglichen EU-Verordnung, ist das Unternehmen von der Zahlung der Geldbuße befreit, das an einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung teilgenommen hat, aber deren Existenz kundtut, substantielle Beweismittel bringt und mit der CNC zusammenarbeitet, wobei unter anderem vorausgesetzt wird, dass es nicht der Urheber des Kartells war. Die Unternehmen, die nicht die Voraussetzungen für eine vollständige Befreiung erfüllen, können bei entsprechender Zusammenarbeit mit dem CNC Minderungen in Höhe von bis zu 50% erhalten.

Die Artikel 46 bis 53 der Verordnung (6. Abschnitt unter dem Titel “Von den Verfahren der Befreiung und Minderung der Geldbuße”) enthalten die “Kronzeugenregelung”. Mit dem Inkrafttreten der Verordnung wird dieses Programm in dem System des spanischen Wettbewerbs angewendet, sowohl auf nationaler als auch auf autonomer Ebene. Daher entwickelt die Verordnung, wenn es um die Bearbeitung der Anträge auf Befreiung von der Zahlung der Geldbuße geht, aus Gründen der Effizienz, der Koordinierung und der Nachhaltigkeit des Programms, Mechanismen zur Koordinierung mit den zuständigen Organen der autonomen Gemeinschaften.

Die “Kronzeugenregelung” ermöglicht es Unternehmen und Einzelpersonen, die an einem Kartell beteiligt sind, eine Befreiung von der Zahlung der Geldbuße zu beantragen, wenn sie Beweise bringen, die in der Verhandlung der Nationalen Wettbewerbskommission dieser erlauben eine Inspektion in Bezug auf dieses Kartell durchzuführen oder ein Verstoß gegen das Gesetz über den Schutz des Wettbewerbs nachzuweisen; oder sie können auch eine Herabsetzung der Geldbuße beantragen, wenn sie die Beweismittel beschaffen, die einen erheblichen Mehrwert in Bezug auf diejenigen haben, die bereits der Nationalen Wettbewerbskommission zur Verfügung stehen.

Die Teilnahme an einem Kartell wird als eine der schädlichsten Praktiken für den Wettbewerb angesehen und gehört zu den sehr schweren Verletzungen des Gesetzes über den Schutz des Wettbewerbs. Wirtschaftssubjekte, Unternehmen, Vereinigungen, Vereinen oder deren Gruppierungen kann eine Geldstrafe von bis zu 10% des Gesamtumsatzes des zuwiderhandelnden Unternehmens des Jahres unmittelbar vor Erhebung der Geldstrafe auferlegt werden. Unter Kartell muss man jede geheime Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Wettbewerbern verstehen, deren Ziele die Festsetzung der Preise und der Produktions- oder Verkaufsquoten, die Aufteilung von Märkten, oder die Beschränkung von Einfuhren und Ausfuhren darstellen.

Um die notwendige Vertraulichkeit im Umgang mit diesen Anträgen sicherzustellen, sieht die Verordnung die Vertraulichkeit der Einreichung eines Antrags auf Befreiung oder Minderung von Geldbußen vor. Dieser Antrag auf Befreiung hat die notwendige Zusammenarbeit des Antragstellers, ab dem Zeitpunkt der Abgabe des Antrages und während des gesamten Verfahrens zur Folge. Es müssen alle Informationen und sachdienlichen Beweise für das mutmaßliche Kartell, die in dessen Besitz oder zu dessen Verfügung stehen, beschaffen werden und diese dürfen nicht zerstört, verfälscht oder verborgen werden. Die Abgabe des Antrages oder dessen Inhalt darf nicht bekannt gegeben werden. Darüber hinaus muss der Antragsteller seine Beteiligung an dem mutmaßlichen Kartell unmittelbar nach Antragstellung beenden, außer in den Fällen, in denen eine weitere Beteiligung für notwendig erachtet wird, um gegebenenfalls die Wirksamkeit einer Inspektion zu erhalten.

Schiedsverfahren

In dem vierten Kapitel wird das Schiedsverfahren ausgeführt. Das Schiedsverfahren vor der Nationalen Wettbewerbskommission ist davon da um Streitigkeiten bezüglich der Anwendung der gesetzlichen Regelung des Wettbewerbsschutz in Spanien beizulegen. Die Verordnung enthält einige Besonderheiten über das Verfahren, wobei zusätzlich die Regeln des Gesetzes 60/2003 vom 23. Dezember der Schiedsgerichtsbarkeit angewendet werden, unter Hinweis darauf, dass die schiedsrichterliche Unterwerfung unter die Nationale Wettbewerbskommission durch eine Schiedsvereinbarung oder durch die eigene Erklärung eines Unternehmens beschlossen werden kann.

Mitteilungen der CNC

Das fünfte Kapitel führt das Verfahren der Genehmigung von Mitteilungen der Nationalen Wettbewerbskommission aus, indem es ein Gutachten des Rates des Wettbewerbsschutzes für erforderlich erachatet, wenn diese die Anwendung der Artikel 1 bis 3 des Gesetzes 15/2007 vom 3. Juli betreffen, und indem es auch dessen Initiative zur Beantragung der Erarbeitung solcher Mitteilungen an den Präsidenten der Nationalen Wettbewerbskommission festlegt.

Die Verordnung endet mit einer Zusatzbestimmung, laut der alle Verweise auf die Nationale Wettbewerbskommission und deren leitenden Organe sich auch für die Ermittlungs- und Beschlussorgane der autonomen Gemeinschaften verstehen.

Karl H. Lincke
Mariscal & Asociados, Abogados
Mitglieder von Eurojuris España

 

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