Die Bedeutung gerichtlicher Gutachter bei der Urteilsfindung in Spanien
Ein aktuelles Urteil eines erstinstanzlichen Zivilgerichts in Spanien hebt die Bedeutung von gerichtlichen Gutachten zur Urteilsfindung in Gerichtsverfahren hervor. Art. 336 der spanischen Zivilprozessordnung sieht vor, dass die Parteien ein Sachverständigengutachten einbringen müssen. Ein aussagekräftiges schriftliches Gutachten ist nur der Anfang. Entscheidend ist die Argumentation durch den Gutachter im Verfahren. Die Kriterien dafür im Artikel.
Art. 336 der spanischen Zivilprozessordnung sieht vor, dass das den Parteien zur Verfügung stehende Sachverständigengutachten zusammen mit der Klage oder Klagebeantwortung eingebracht werden muss (unbeschadet des Rechts, einen vom Gericht beauftragten Gutachter zu beantragen, gem. Art. 339 der Zivilprozessordnung).
Verständlicherweise unterstützt jeder Gutachter die Ansprüche seiner eigenen Partei, oder versucht zumindest, die der anderen Seite abzuwerten. Die Folge davon ist, dass üblicherweise ein gewisses Misstrauen gegenüber den Gutachtern im Gericht geweckt wird. Daraus folgt, dass nicht nur der Inhalt der jeweiligen, von den Gutachtern verfassten Berichte eine Rolle spielt, sondern besonders deren aktive Teilnahme am Gerichtsverfahren. Daher ist eine gründliche Vorbereitung des Gutachtens und des Vortrags desselbigen vor Gericht umso bedeutender.
Aktuelles Urteil zur Verwendung von gerichtlichen Gutachtern bei der Urteilsfindung in Spanien
Diese Frage wird in einem aktuellen Urteil des erstinstanzlichen Zivilgerichts Nr. 7 von Malaga (Juzgado de Primera Instancia nº7 de Málaga) vom 26. Juni 2014 deutlich zusammengefasst, dessen Rechtsbehelf folgendes feststellt:
„Wir sehen hier ein typisches Verfahren, zu dessen Lösung ein Sachverständigengutachten zum Verständnis von technischen Fragen, über deren ausreichende fachliche Kenntniss der Richter nicht verfügt, notwendig ist. Diesbezüglich verfügen wir im vorliegenden Fall, wie es in diesem Zusammenhang üblich ist, über stark abweichende technische Expertenmeinungen, die auf der einen Seite die Kläger, und auf der anderen Seite die Beklagten begünstigen.
Die Sachverständigengutachten wurden jeweils von den Parteien auf eigene Kosten durchgeführt, wodurch sie für das Gericht wenig Glaubwürdigkeit verdienen, denn wer das Gutachten beantrag und bezahlt, kann dies normalerweise beeinflussen. Daher sind die Gutachten üblicherweise geprägt von Befangenheit und begünstigen meist die Thesen der jeweils beauftragenden Partei.
Im Endeffekt muss sich das Gericht für eines der beiden Gutachten entscheiden und sich dabei auf das Vertrauen, das der jeweilige Gutachter erweckt, beziehen, auch wenn die letztendliche Bewertung der Gutachten, wie es auch nicht anders sein kann, vom Richter abhängt. Der Richter soll die Lage gemäss seiner gesunden Fähigkeit zu Bewertung und Kritik einschätzen. Da die Fähigkeit des Richters, die Lage in sehr technischen Fragen zu bewerten, doch sehr eingeschränkt sein kann, muss der Richter sich folglich darauf einlassen, die Schlussfolgerungen eines der vorgelegten Gutachten zu akzeptieren.
Wegen der oben genannten Gründe ist der Schluss vertretbar, dass die Überzeugungskraft eines Gutachtens sich nur, oder fast nur, auf das Vertrauen stützt, dass der Gutachter beim Gericht während des Verfahrens wecken kann.
Wendet man den Beschluss nach den vorausgehend aufgeführten Gründen auf den vorliegenden Fall an, ergibt sich, dass der einzige Gutachter, der das tatsächliche Vertrauen des Gerichts verdient, Herr —— ist. Dies beruht auf den Kriterien, die vom TS für den Fall von voneinander abweichenden Gutachten festgesetzt wurden, die besagen, dass Aspekte wie die technische und fachliche Qualifikation des Gutachters sowie die Bedeutung und Qualität der Daten, die von den Gutachtern erhoben und vorgebracht wurden, genau geprüft werden müssen.
Auf der Grundlage der gennanten Kriterien, ebenso wie nach Berücksichtigung der durchgeführten Bewertung und der technischen Mittel, die vom genannten Gutachter eingesetzt wurden, und vor allem beruhend auf der Genauigkeit, Argumentationslinie und Schlussfolgerungen, die sein Gutachten stützen sowie auf der Solidität seiner Aussagen und trotz der detaillierten Vernehmung, die vom Anwalt der beklagten Partei geführt wurde, beschliesse ich, dass dieses Gutachten glaubwürdiger ist. Hierbei muss die Vollständigkeit, die Kohärenz und die Schlussfolgerung des Gutachtens und der vorgetragenen Ausführungen betont werden.“
Selbstverständlich geht das Urteil zugunsten der Partei, die über einen Sachvertändigen verfügte, der vor Gericht eine bessere Leistung erbracht hat. Dies zeigt uns, dass ein aussagekräftiges Gutachten nur der Anfang der Aufgaben ist, die ein Gutachter während des Gerichtsverfahren zu erbringen hat.
Mariano Jímenez
Mariscal Abogados, Rechtsanwälte Madrid, Spanien
Eurojuris España, Netzwerk von Spanischen Anwaltskanzleien