Das Mahnverfahren und das Wechselverfahren in Spanien
Heutzutage wird es für Firmen immer üblicher sich vor einer der unangenehmsten Situationen wiederzufinden mit denen ein Unternehmer konfrontiert werden kann. Diese ist keine andere als einen Kunden zu haben, der nicht zahlt. Das erste, was der Schuldner in diesem Fall zu tun hat, ist diese Schuld einzufordern. Dies kann mittels eines Faxes geschehen, vorzugsweise mit Empfangsbestätigung/Rückschein und einer Kopie der Sendebestätigung. Wenn dieses Vorgehen keinen Erfolg hat und sich auch keine auβergerichtliche Einigung mit dem Schuldner erzielen lässt, besteht die einzig verbleibende Möglichkeit für das Unternehmen darin, den Rechtsweg zu verfolgen.
Insoweit gibt es verschiedene Vorgehensweisen, auf welche der Gläubiger zurückgreifen kann – abhänigig von dem Titel, den er gegenüber dem Schuldner innehat, oder der Summe, die ihm geschuldet wird. Der Gläubiger kann zwischen einem Urkundsverfahren, wie es das Wechselverfahren ist, einem Mahnverfahren oder einem ordentlichen Verfahren wählen. Der vorliegende Artikel konzentriert sich auf die beiden zuerst genannten Möglichkeiten, das Wechselverfahren und das Mahnverfahren.
Das Wechselverfahren
Das Wechselverfahren kann nur derjenige Gläubiger betreiben, der gegen den Schuldner einen Titel innehat, der als Wechsel bezeichnet wird, das heiβt, einen Wechsel, einen Scheck oder einen Schuldschein. Erforderlich ist, dass sie die Voraussetzungen erfüllen, die das Gesetz 19/1985 vom 16. Juli (Wechsel- und Scheckgesetz) für diese Art von Dokumenten aufgestellt hat. Das Vorgehen wird mittels eines Schreibens an das erstinstanzliche Gericht eingeleitet, welches für den Wohnort des Beklagten zuständig ist. Diesem Schreiben ist der geltend zu machende Titel im Original beizufügen. Nachdem das Schreiben vorgelegt und der Wechseltitel durch das Gericht hinsichtlich der Formalitäten analysiert worden ist, setzen folgende zwei Wirkungen ein: zum einen wird vom Schuldner die Zahlung der Schuld innerhalb einer Frist von zehn Tagen gefordert, zum andern wird vorbeugend der dingliche Arrest bezüglich der Güter des Schuldners angeordnet, die nötig sind, um die Schuld zu befriedigen und zudem Säumniszuschläge, Auslagen und Gebühren, die in dem Fall hervorgerufen werden können, in dem die Zahlung nicht innerhalb der festgelegten Frist vorgnommen wird.
Die gleiche Frist von zehn Tagen gilt auch, wenn der Schuldner sich gegen die Wechselforderung wendet. Dabei kann er seinen Widerspruch ausschlieβlich mit den Gründen begründen, die das Wechsel- und Scheckgesetz festlegt. Wenn kein Widerspruch erhoben und ebensowenig die Zahlung herbeigeführt wurde, wird das Gericht das Vollstreckungsverfahren einleiten und der Rechtspfleger mit den erforderlichen Maβnahmen beginnen, es sei denn, dass die Zahlung vorher nicht durchgeführt werden konnte oder Widerspruch eingelegt wurde. Sollte sich der Schuldner widersetzen, werden die Parteien zu einer Gerichtsverhandlung zusammengerufen, welche aufgrund der für die mündliche Verhandlung festgestellten Gründe tagt. So dann sollte innerhalb von zehn Tagen ein Urteil ergehen. Wird die Klage durch das Urteil abgelehnt und ein Rechtsmittel eingelegt, ist es vorübergehend vollstreckbar. In dem Fall, in dem das Urteil der Klage stattgibt und ein Rechtsmittel eingelegt wird, wird hinsichtlich des eingeleiteten dinglichen Arrestes danach vorgegangen, was die spanische Zivilprozessordnung vorgibt, um einsteweilige Maβnahmen abzuändern und vorzunehmen.
Derjenige, der keinen Wechseltitel gegenüber dem Schuldner innehat, kann den Rechtsweg beschreiten. Dabei hängt es von der Höhe der Schuld ab, ob das Manhverfahren oder das ordentliche Verfahren zur Anwendung kommt. Das Mahnverfahren ist für Schulden bis 250.000 € vorgesehen, das ordentliche Verfahren für einen höheren Betrag.
Das Mahnverfahren
Bis Anfang 2010 kam das Mahnverfahren allein in Fällen zur Anwendung, in denen die Schuld nicht mehr als 30.050 € betrug. Seit Beginn der Reform der spanischen Zivilprozessordnung, die im Mai 2010 in Kraft trat, stieg diese Grenze immer weiter bis auf aktuell 250.000 € an. Einziges Ziel der Erhöhung dieses Betrages ist es, „diesem Vorgang, der sich als schnell und effizient für die Eintreibung von fälligen, einklagbaren und nachgewiesenen Geldschulden erwiesen hat, mehr Spielraum zu geben“. So formuliert es der Gesetzgeber in der Präambel des Gesetztes 13/2009 vom 3. November über die Reform des Prozessrechtes.
Das gleiche Gesetz legt fest, dass „derjenige das Mahnverfahren beschreiten kann, der von dem anderen die Zahlung einer fälligen und einklagbaren Geldschuld fordert“. Diese Voraussetzungen sind unverzichtbar, um auf diese Art von Maβnahme zurückgreifen zu können. Erfüllt die Schuld diese Voraussetzungen und wurde die gesamte Dokumentation, die die Schuld belegt (z.B. Rechnungen, Empfangsbescheinigungen, Auftragsbestellungen), zusammengestellt, ist dem Gericht erster Instanz am Wohnort des Schuldners ein Schriftsatz vorzulegen, welchem besagte Nachweise beiliegen. Dies muss für den Richter die Beurteilung zulassen, dass es sich bei der Schuld um eine fällige und einklagbare Geldschuld handelt. In diesem Schriftsatz sollten eine Reihe von Daten, wie die Identität des Schuldners, sein Wohnsitz, der Wohnsitz des Gläubigers, sowie der Ursprung und die Höhe der Schuld, vermerkt sein. Ist der Schriftsatz einmal eingereicht, sendet das Gericht nach der Prüfung eine angemessene Zahlungsaufforderungen an den Schuldner.
Bis zum Inkrafttreten der Reform der spanischen Zivilprozessordnung oblag diese Würdigung dem Richter. Um diesen zu entlasten und um die Figur des Rechtspfleger effektiver zu gestalten, wurden Aufgaben übertragen, u.a. die Aufgabe der erste Prüfung der Abgabe der Zahlungsaufforderung. Es ist ebenfalls der Rechtspfleger, der den Schuldner auffordert, dass die Zahlung der Schuld innerhalb einer Frist von 20 Tagen erfüllt werden soll. Innerhalb dieser Frist kann der Schuldner der gesamten Zahlung oder einer Teilzahlung in schriftlicher Form widersprechen. Dazu muss er kurz die Gründe in der Stellungnahme darlegen.
Bittet der Schuldner darum, die Zahlung vorzunehmen, kann dies in einer Frist von 20 Tagen geschehen. In dem Fall, in dem der Schuldner die Zahlung realisiert hat, bestätigt der Rechtspfleger diese. Dies dient sowohl der Aufnahme in das Protokoll, die das Gericht für diese Zwecke erstellt, als auch dafür, dass die Parteien die Zahlung schriftlich bestätigen – für den Fall, dass die Zahlung auβergerichtlich vorgenommen wurde. Dadurch werden alle Tätigkeiten beendet und die Akten werden geschlossen.
Wenn der Schuldner nicht zahlt und der Auffoderung auch nichts entgegensetzt, wird das Verfahren mittels Rechtspflegerverfügung für beendet erklärt. Der Rechtspfleger infomiert auch den Gläubiger, damit dieser die Vollstreckung einleiten kann. Daraufhin wird nach der spanischen Zivilprozessordnung ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet. Das heiβt, wenn das Mahnverfahren ohne Zahlung oder Einwand beendet worden ist, hat der Gläubiger einen Rechtstitel inne, dessen Rechtsfolgen denen eines Urteils entsprechen. Von dem Moment an, in dem die Vollstreckbarkeitserklärung abgeschickt wird, erwirbt er in der geltend gemachten Höhe einen prozessualen Säumniszuschlag. Dabei handelt es sich um eine jährliche Verzinsung, die dem gesetzlichen Zins erhöht um zwei Prozentpunkte oder dem zwischen den Parteien vereinbartem Zins oder einem durch gesetzliche Sonderbestimmung festgelegten Zins entspricht. Es liegt an dieser Verzinsung, dass diese Art von Verfahren in Spanien rückläufig ist, da es nun möglich ist, innerhalb kürzester Zeit einen Vollstreckungstitel zu erhalten. Die tatsächliche Zeit ist jedoch davon abhängig, wie lange das Gericht für die Bearbeitung der Akten braucht.
Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass der Schuldner sich innerhalb einer Frist von 20 Tagen, die das Gesetz festlegt, gegen die Zahlung wendet. In diesem Fall wird das Mahnverfahren für beendet erklärt. Die Parteien werden darüber informiert, damit sie entsprechend handeln können. Übersteigt dabei die angemahnte Summe 901 €, wird sie dem Gläubiger zugewiesen, damit er diese in einer Frist von einem Monat vor dem gleichen Gericht, vor dem auch das Mahnverfahren abgewickelt worden ist, in einem ordentlichen Verfahren geltend machen kann. Die Vorgehensweise wäre somit folgende: zunächst die Klage, dann eventuell eine Replik und eine Duplik, sodann ggf. die mündliche Verhandlung und abschlieβend das Urteil.
Für den Fall, dass die Summe die genannten 901 € nicht übersteigt, geht das Verfahren mündlich weiter. Der Rechtspfleger beendet das Mahnverfahren mittels eines Beschlusses, in dem er ebenfalls die Fortsetzung des Vorgangs aufgrund der erwähnten Vorgehensweise beschlieβt, und lädt die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung, nach welcher der Richter das entsprechende Urteil ergehen lässt.
Zusammenfassend gibt es also zwei Verfahren, die die Zurückerlangung von Schulden erleichtern, auch wenn der Wechsel eine Berechtigung erfordert, die die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen hat, um darauf zurückgreifen zu können. Es ist ein sehr schnelles Verfahren, so dass auch von einem sofort auszuübenden Verfahren gesprochen, in welchem die Widerstandsmöglichkeiten des Schuldners sehr eingeschränkt sind.
Das Mahnverfahren ist ebenfalls ein zügiges Verfahren, das es erlaubt, falls es keinen Widerstand gibt, innerhalb eines kurzen Zeitraums entweder um die Schuld einzutreiben oder einen sofort vollstreckbaren Titel mit der gleichen Wirkung zu erhalten.
Für den Fall, dass sich der Schuldner zu Wehr setzt, wird ein Rückgriff auf das gewöhnliche oder mündliche Verfahren notwendig. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass es sinnvoll ist, in allen Fällen ein Mahnverfahren einzuleiten, da es eine groβe Zeit- und Geldersparnis im Zeitpunkt zur Wiedererlangung des Kredits darstellt.
Antonio Torralba
Mariscal & Asociados, Abogados
Mitglieder von Eurojuris España
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