Die gerichtliche Genehmigung von Refinanzierungsvereinbarungen in Spanien
Die vierte Zusatzbestimmung des Gesetzes 22/2003 vom 9.Juli über Insolvenzen (Ley Concursal, LC) regelt eines der zentralen Instrumente vor der Stellung des Insolvenzantrags im spanischen Recht: die gerichtliche Genehmigung von Refinanzierungsvereinbarungen zwischen der Schuldnergesellschaft und ihren Gläubigern.
Hauptziel: Existenzfähigkeit der Schuldnergesellschaft
Wie mit anderen Maßnahmen dieser Art, hat die Gesetzgebung versucht – gerade in der jetzigen Finanzkrise – Refinanzierungsvereinbarungen zwischen der Schuldnergesellschaft und ihren Gläubigern durch gerichtliche Genehmigung zu erleichtern. Hauptziel dieser Genehmigung ist es, die Existenzfähigkeit der Schuldnergesellschaft sicherzustellen und die Notwendigkeit von Insolvenzverfahren, die in den meisten Fällen unvermeidbar zur Auflösung der Gesellschaft führen, zu vermeiden.
Ausweitung der Folgen auf die ablehnenden Gläubiger
Der vielleicht wichtigste herauszustellende Aspekt dieses Anti-Insolvenz-Systems ist die mögliche Ausweitung bestimmter Folgen der Refinanzierungsvereinbarung (Sicherungsgarantien oder Schuldenerlass, unter anderem) auf die sog. ablehnenden Gläubiger, d.h. auf die Gläubiger, die sich der Vereinbarung entgegengestellt bzw. diese nicht unterschrieben haben.
Einschränkung des Widerspruchs von Gläubigern mit Minderheitsbeteiligungen
Das Gesetz versucht dadurch, den Widerspruch von Gläubigern mit Minderheitsbeteiligungen zu verhindern, welche ein ernst zu nehmendes Hindernis für die Fortführung der Schuldnergesellschaft darstellen können. Das ist auch die Zielrichtung der letzten Reformen zur gerichtlichen Genehmigung, wie das Gesetz 17/2014 vom 30. September, das dringend benötigte Maßnahmen zur Schuldenrefinanzierung und Restrukturierung der Schuldnergesellschaften eingeführt hat. Diese Gesetzesreformen bevorzugen Gläubiger, die einer Refinanzierungsvereinbarung zugestimmt haben, gegenüber den widersprechenden Gläubigern.
Der vorliegende Artikel analysiert die wesentlichen Aspekte der gerichtlichen Genehmigung von Refinanzierungsvereinbarungen (Voraussetzungen zur gerichtlichen Genehmigung, zum gerichtlichen Verfahren, zu Auswirkungen, Schwierigkeiten, usw.) und wirft einen kritischen Blick auf das LC.
Rechtliche Voraussetzung für die Refinanzierungsvereinbarung
Die rechtlichen Voraussetzungen um eine gerichtliche Genehmigung einer Refinanzierungsvereinbarung zu erhalten, sind die folgenden:
- Schuldner, die mindestens 51% der finanziellen Verbindlichkeiten der Gesellschaft repräsentieren, müssen die Vereinbarung unterzeichnen;
- Die Vereinbarung muss zu einer spürbaren Erweiterung des Kreditrahmens oder zur Änderung oder Beendigung der Schuldnerverbindlichkeiten führen, vorausgesetzt, der Schuldner erfüllt einen Sanierungsplan, der kurz- und mittelfristig die Fortführung der beruflichen oder geschäftlichen Aktivitäten erlaubt;
- Eine Bescheinigung des Wirtschaftsprüfers über die Angemessenheit der Verpflichtungen zur Anwendung der Vereinbarung;
- Die Vereinbarung muss als öffentliche Urkunde abgefasst sein.
Auswirkungen der gerichtlichen Genehmigung einer Refinanzierungsvereinbarung
Die gerichtliche Genehmigung von Refinanzierungsvereinbarungen hat u.a. die folgenden zentralen Auswirkungen:
- Die Ausweitung der Wirkungen der Refinanzierungsvereinbarung auf Schuldner, die der Vereinbarung widersprochen haben;
- Die Abwendung von Einzelvollstreckung gegen den Schuldner für in der Refinanzierungsvereinbarung geregelte Schulden;
- Die Unmöglichkeit der Auflösung der Vereinbarung, falls die Refinanzierung zur späteren Zahlungsunfähigkeit führt.
Auswirkungen auf widersprechende Schuldner
Wie bereits angedeutet, ist eines der Hauptziele der gerichtlichen Genehmigung die Ausweitung bestimmter Wirkungen der Refinanzierungsvereinbarung auf ablehnende Gläubiger. Nach dem LC bestimmt die prozentuale Beteiligung der finanziellen Verbindlichkeiten den Umfang der Auswirkungen der Vereinbarung auf ablehnende Gläubiger.
Wenn in diesem Sinne Gläubiger, die 60% der finanziellen Verbindlichkeiten halten, die Vereinbarung unterstützen (65% bei Gläubigern, die durch Sicherheiten geschützt sind), können u.a. die folgenden Auswirkungen auf die ablehnenden Gläubiger ausgeweitet werden:
- Stundung von Tilgungs- oder Zinszahlungen für einen Zeitraum von fünf Jahren;
- Die Umwandlung von Schulden in Darlehen für denselben Zeitraum.
Wenn Gläubiger, die 75 % der finanziellen Verbindlichkeiten halten, die Vereinbarung stützen (85% bei Gläubigern, die durch Sicherheiten geschützt sind), kann eine größere Zahl von Auswirkungen auf die abtrünnigen Gläubiger ausgedehnt werden:
- Stundung von Tilgungs- oder Zinszahlungen für einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren;
- Schuldenerlass;
- Die Umwandlung von Schulden in Eigentumsanteile der Schuldnergesellschaft;
- Die Umwandlung von Schulden in Darlehen, Wandelanleihen, nachrangige Darlehen oder andere ähnliche Instrumente;
- Die Übertragung von Eigentum oder Rechten auf Gläubiger zur vollständigen oder teilweisen Begleichung der Schulden.
Verfahren zum Erhalt der gerichtlichen Genehmigung für die Refinanzierung
Das im LC vorgesehene Verfahren zum Erhalt einer gerichtlichen Genehmigung für eine Refinanzierungsvereinbarung ist insbesondere durch seine Schnelligkeit gekennzeichnet, welche versucht, eine bestehende oder bevorstehende Insolvenz, die eine Gesellschaft zwingen würde ihre Geschäfte einzustellen, zu verhindern.
Die wichtigsten Schritte des Verfahrens sind die Folgenden:
- Antrag auf gerichtliche Genehmigung an das zuständige Gericht des Sitzes der Schuldnergesellschaft, durch die Schuldnergesellschaft oder einen Unterzeichner der Refinanzierungsvereinbarung, unter Anfügung bestimmter Dokumente (Refinanzierungsvereinbarung, öffentlich bestellter Wirtschaftsprüfer, usw.);
- Nach Prüfung der Dokumente entscheidet der Richter, ob der Antrag zulässig ist;
- Nach vollständiger Erfüllung der in Punkt II genannten gesetzlichen Voraussetzungen soll der Richter selbst, ohne auf die Einzelheiten einzugehen, die Vereinbarung innerhalb von 15 Tagen genehmigen. Die Anordnung muss im Insolvenzregister und dem offiziellen stattlichen Amtsblatt (BOE – Boletín Oficial del Estado) veröffentlicht werden.
Anfechtung der gerichtlichen Genehmigung einer Refinanzierungsvereinbarung
Obwohl das LC zweifelsohne restriktiv ist, erlaubt es ablehnenden Schuldnern die Anfechtung der gerichtlichen Genehmigung einer Refinanzierungsvereinbarung. Ablehnende Schuldner können jedoch nur (i) die unverhältnismäßige Belastung der ablehnenden Gläubiger und (ii) die Nichterreichung der notwendigen Mehrheit für eine finanzielle Mithaftung vorbringen.
Unverhältnismäßige Belastung der ablehnenden Gläubiger
Bezüglich erstgenannten Grunds bezieht sich das LC sehr allgemein auf die unverhältnismäßige Belastung. Unter Beachtung der spanischen Lehre und Rechtsprechung benötigt die Feststellung einer unverhältnismäßigen Belastung eine Bewertung (i) der Auswirkungen der Vereinbarung auf die ablehnenden Gläubiger, durch Vergleich mit den Auswirkungen der Vereinbarung für die zustimmenden Gläubiger und (ii) ob die geplante Restrukturierung die Rechte der ablehnenden Gläubiger weiter einschränkt als sie vernünftigerweise, bei Fehlen einer Restrukturierung des Schuldners, erwarten dürfen.
Nichterreichung der notwendigen Mehrheit für eine finanzielle Mithaftung
Der zweite Grund zur Anfechtung der gerichtlichen Genehmigung betrifft die Erreichung der gesetzlich vorgeschriebenen Mehrheiten für eine Genehmigung (51% der Gläubiger) und, wenn sachgerecht, die Ausweitung der Wirkungen der Vereinbarung (60% bis 80%, je nach Fall).
Bei der Anfechtung der gerichtlichen Genehmigung kann den ablehnenden Gläubigern die Anfechtungsfrist unklar sein. Das LC nennt lediglich einen Zeitraum von 15 Tagen ab der Bekanntgabe der Entscheidung. Es lässt jedoch offen, ob es sich um 15 Werk- oder Wochentage handelt.
Diesbezüglich soll klargestellt werden, dass die fünfzehntägige Frist ein Verfahrensterminus ist und demnach die Tage, die keine Werktage sind, nicht einzubeziehen sind (Artikel 185 Organgesetz der Rechtsprechung). Der Grund hierfür liegt darin, dass die Anfechtungsfrist mit einem Verfahrensakt beginnt. In diesem Falle ist die Bekanntgabe der Entscheidung im staatlichen Amtsblatt und dem Insolvenzregister zu veröffentlichen.
Obwohl keine tatsächliche rechtliche Bekanntmachung, ist die Veröffentlichung zweifelsohne eine förmliche Bekanntgabe, die das LC bewusst wählt um das Verfahren zu beschleunigen und um mögliche Verzögerungen aufgrund einzelner Bekanntmachungen an die ablehnenden Gläubiger zu verhindern.
Schritte zur Anfechtung der Refinanzierungsvereinbarung
Abschließend sind die Schritte zur erfolgreichen Anfechtung kurz in den folgenden Punkten zusammengefasst:
- Die Anfechtung muss beim selben Gericht, das die Genehmigung erteilt hat, eingereicht werden;
- alls der zuständige Richter die Anfechtung für zulässig erachtet, muss er die Anfechtung dem Schuldner und den zustimmenden Gläubigern zustellen, sodass diese innerhalb von zehn Tagen zur Anfechtung Stellung nehmen können;
- Die richterliche Entscheidung über die Anfechtung der gerichtlichen Genehmigung muss innerhalb von 30 Tagen getroffen werden.
Fazit: die gerichtliche Genehmigung der Refinanzierung ist bestimmend für Geschäftsfortführung
Wie zu Beginn dieses Artikels angedeutet, endet das spanische Insolvenzverfahren bei einer hohen Zahl der Fälle mit der Liquidation und Auflösung der Gesellschaft zugunsten der Gläubiger. Deshalb ist die Phase vor der Insolvenz – besonders die gerichtliche Genehmigung der Refinanzierung – eines der bestimmenden Faktoren zur Erreichung der Geschäftsfortführung in einer kritischen Finanzsituation, indem neue, an die Marktlage und das Unternehmen angepasste Werkzeuge, Tilgungspläne und Finanzkonditionen angeboten werden; dies gilt zusätzlich zur Bereitstellung von Refinanzierungsvereinbarungen mit einem erheblichen Grad an rechtlichem Schutz vor externen Eingriffen.
Diese neue Regelung bietet eindeutige Vorteile; dennoch können wesentliche Gesichtspunkte, die schädlich sind für die Minderheit der ablehnenden Gläubiger, nicht ignoriert werden.
Entsprechend der letzten Gesetzesreformen und aufgrund der Dringlichkeit eines gerichtlichen Vorgehens, führt der Genehmigungsprozess zu einer quasi-automatischen Beschlussfassung für die Refinanzierungsvereinbarung. Er macht es relativ unnötig, den Inhalt der Vereinbarung oder die Folgen, förmlich zu prüfen. Dadurch wird der ganze Prozess auf eine reine Erfüllung förmlicher Voraussetzungen reduziert.
Dies hat zur Folge, dass die Last, sich auf die Ungültigkeit der Refinanzierungsvereinbarung zu berufen, allein den ablehnenden Gläubigern aufgebürdet wurde. Diese Situation verschlimmert sich durch die Tatsache, dass die in Frage kommenden Gläubiger nicht persönlich über die gerichtliche Entscheidung benachrichtigt werden, und dass ihnen nur ein kurzer Zeitraum (15 Tage) zur Anfechtung der Entscheidung zur Verfügung steht.
Die größten Gegenstimmen bemängeln die Tatsache, dass die Anfechtung der gerichtlichen Entscheidung bei demselben Gericht eingereicht werden muss, dass die Entscheidung getroffen hat, ohne die Möglichkeit, sich an ein unabhängiges Gremium zu richten. Dies führt zu einem bestimmten Grad an Hilflosigkeit aufseiten der ablehnenden Gläubiger (unter Beachtung, dass ein Richter oder eine Richterin entgegen der eigenen Entscheidung vorgehen und diese ändern soll).
Demnach kann das vom Gesetzgebungsorgan gerechtfertigte und notwendige Ziel der Sicherung der Existenzfähigkeit von spanischen Gesellschaften nicht erreicht werden, ohne das richtige Verhältnis zu den ablehnenden Gläubigern zu bewahren, die ebenfalls eine tragende Rolle bei der Finanzierung des Schuldners tragen.
José María Mesa
Mariscal Abogados, Rechtsanwälte Madrid, Spanien
Eurojuris España, Netzwerk von Spanischen Anwaltskanzleien